Die Rolle der Schweiz bei der Friedensförderung in Europa

OSZE-Generalsekretär Thomas Greminger und vier weitere Experten führten den 60 Teilnehmenden am dritten Dialoganlass des FORUM SICHERHEIT SCHWEIZ eindrücklich vor Augen, wie sich die europäische Sicherheitsarchitektur in den letzten Jahren dramatisch verändert hat. Transnationale Herausforderungen wie Terrorismus und Cybersicherheit können nur kooperativ bewältigt werden. Als kleiner Player in einem komplexen Sicherheitsumfeld hat die Schweiz ein ureigenes Interesse, in die multilaterale Friedensförderung zu investieren.

Sicherheitslage in Europa unberechenbarer geworden

Die Situation in Europa sei derzeit besorgniserregend, betonen sowohl Thomas Greminger als auch die Panelgäste David Lanz (swisspeace) und Romain Thomas Markwalder (EDA). Als Beispiele nennt Greminger die Konfliktlage im Donbass sowie die Annexion der Krim. Solche Konflikte sind «Vertrauenskiller» und führen zur Zerbröckelung der regelbasierten Sicherheitsordnung in Europa, die in den letzten Jahrzenten aufgebaut wurde. Gleichzeitig blühen harte Sicherheit und militärische Territorialverteidigung wieder auf.

Krisenmanagement in der Ukraine als Top-Priorität der OSZE

Kernaufgabe der OSZE-Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine mit über 1'400 Mitarbeitenden ist die Überwachung des Waffenstillstands im Donbass. Die Mission versorgt die internationale Gemeinschaft mit objektiven Berichten aus dem Konfliktgebiet. Mittels ständiger Interventionen erwirkt sie zudem lokale Waffenruhen. Diese Windows of Silence sind zentral für das Wohlergehen der Bevölkerung: Essentielle Infrastrukturen wie Trinkwasser, Heizung oder Strom können aufrechterhalten oder wiederaufgebaut werden.

Die allianzfreie Schweiz als glaubwürdige Vermittlerin ohne Regionalagenda

Grundlegend für die erfolgreiche Konflikteindämmung in der Ukraine-Krise ist der ungehinderte Zugang zu allen Gebieten, sowohl unter der Kontrolle der Regierung als auch der Separatisten. Ebenfalls wichtig für das Krisenmanagement sind Dialog und die Zusammenarbeit mit der betroffenen Bevölkerung. Das gilt für die Ukraine wie auch für die Langzeitkonflikte in Moldau (Transnistrien), Georgien (Südossetien, Abchasien) und Armenien/Aserbaidschan (Berg-Karabach). Als unparteilicher, unverdächtiger Akteur ohne Regionalagenda und mit hochprofessioneller Diplomatie kann die Schweiz hier eine wichtige Rolle spielen. Das zeigt auch der Einsatz der SWISSCOY im Kosovo: Dort leben Schweizer «Liaison and Monitoring Teams» inmitten der lokalen Bevölkerung, mit der sie einen vertrauensvollen Dialog aufgebaut haben. Dies erlaube die Früherkennung von Konflikten, was für eine stabile Lage im Kosovo wesentlich sei, so Panelgast Reto Ulrich Flühmann.

Bewaffnete Gewalt verursacht global Kosten von 15 Billionen Franken

«Wir müssen uns alle bewusst sein, dass europäische und internationale Konflikte auch die Schweiz unmittelbar betreffen, sei es durch wirtschaftliche Kosten, Migration oder Terrorismusbedrohung. Wir müssen deshalb in die Fähigkeit investieren, diese Konflikte zu lösen», sagt Panelgast David Lanz. Die weltweiten Gesamtkosten der bewaffneten Gewalt belaufen sich laut Zahlen des Australischen Institute for Economics and Peace jährlich auf rund 15 Billionen US-Dollar. Allein diese Tatsache sollte Anreiz genug sein, um Investitionen in Konfliktmanagement und Konfliktlösung zu erhöhen. Beat Flach, GLP-Nationalrat und Mitglied der Sicherheitskommission, fügt an: «Frieden zu haben ist nicht etwas Selbstverständliches in einem Europa, das sich über Jahrhunderte bekriegt hat». Die Schweiz habe ein starkes Eigeninteresse, die kooperative Sicherheit zu fördern und der Destabilisierung Europas entgegenzutreten. Denn Allianzfreiheit impliziere gleichzeitig, keine Verbündeten zu haben.

Plädoyer für die kleinen Schritte und Pragmatismus

Politische Prozesse sind oft blockiert und übergeordnete politische Lösungen deshalb nicht möglich. Umso wichtiger ist es, durch kleine Schritte unter Miteinbezug aller Parteien die notwendige Vertrauensgrundlage herzustellen. Diese pragmatischen Lösungsansätze unter dem politischen Radar führen oft zu substantiellen Verbesserungen für die betroffene Zivilbevölkerung, wenn beispielsweise eine Brücke wieder genutzt werden kann oder der Schulbesuch möglich wird.



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